Filter Bubble: Der User in der Blase III

Der heutige Beitrag ist der dritte und letzte Teil unserer Reihe zur Filter Bubble. Wie ich im ersten Teil einleitend erklärt habe, handelt es sich bei dieser Filter Bubble um eine eingeschränkte Wahrnehmung der Welt, die vor allem durch personalisierte Filter in Online-Angeboten vorgegeben wird. Wie sich die Filter Bubble im Falle von Google auswirkt, habe ich im zweiten Teil beschrieben und bin in diesem Zusammenhang auch auf die Auswirkungen für die Suchmaschinen eingegangen. Im heutigen Beitrag wird es nun vorrangig um das zweite Schwergewicht in diesem Bereich gehen, nämlich um Facebook, das ebenfalls mit Hilfe eines Algorithmus personalisierte Filter einsetzt.

Unsere im ersten Teil der Reihe gestartete Buchverlosung des Buchs Filter Bubble: Wie wir im Internet entmündigt werden von Eli Pariser läuft natürlich wie gehabt weiter bis diesen Freitag, den 18. Mai. Wer also eines von drei Exemplaren dieses maßgeblichen Buchs gewinnen möchte, braucht nur einen der drei Beiträge mit einem Kommentar, einem Link oder einem Tweet versehen und schon nimmt er teil.

Facebooks Filter Bubble

Die Filterung von Facebook mit einem Beitrag zu erfassen und zu beschreiben ist meiner Meinung nach so gut wie unmöglich. Das würde vermutlich mehrere Tage intensiver Beschäftigung und Recherche verlangen und wäre dann für unser Thema nicht einmal sehr nützlich. Aber das Problem der Filter Bubble ist ja eher ein grundsätzliches, dafür ist es nicht zwingend nötig auf jedes Detail in den Filtern einzugehen. Dennoch ist gerade diese Komplexität der Facebook Filter einer der Hauptansatzpunkte für Kritik. Denn Facebook informiert über seine Filter noch deutlich intransparenter als Google. Die einfachen User erhalten zudem nur allzu oft gar keine Informationen. So ein Vorgehen, das man auch als Basta-Mentalität bezeichnen könnte, kennt man von dem größten sozialen Netzwerk ja nur zu Genüge.

Das fing schon an, als der erste personalisierte Filter eingeführt wurde. Bereits vor längerer Zeit wurde bei Facebook, mehr oder weniger unbemerkt von Nutzern und der Öffentlichkeit, ein Filter in den News Feed eingebaut. Der sollte sich dann merken mit wem man häufig kommuniziert, welche Seiten man anklickt etc. und irgendwann erkennt der Filter diese Freunde und Seiten für relevant bzw. interessant für den User und filtert alles andere heraus, sodass man nur noch die Meldungen der Kontakte erhält, mit denen man häufig kommuniziert. Was auf den ersten Blick sinnvoll und logisch klingt, wirkt auf den zweiten Blick deutlich zwiespältiger.

Kritik aus der User-Perspektive

Das erste Problem besteht in der Intransparenz. Mittlerweile haben diese Filter schon ein bisschen die Runde gemacht und theoretisch wissen das viele. Aber selbst so internetaffine Menschen wie der vermutlich bundesweit bekannte Sascha Lobo lassen sich gelegentlich noch von der Filter Bubble überraschen. Die  Einführung wurde jedenfalls nicht großartig bekannt gegeben, wie ich bereits erwähnt habe. In der Folge dürften sich dann viele Facebook-Nutzer gewundert und teilweise auch gefreut haben, warum dieser oder jener Bekannte kaum noch etwas schreibt, wie auch der Stern im Februar letzten Jahres festgestellt hat.

Gehen wir also einmal davon aus, dass viele normale Facebook-User nicht wissen, dass die Meldungen, die sie in ihrem Newsfeed erhalten, automatisch von einem Algorithmus nach ihren Interessen gefiltert werden. Außerdem werden Meldungen von Kontakten bevorzugt, mit denen der User häufig kommuniziert. Diese Kombination wird kritisch betrachtet, weil sie dazu führt, dass man so gerade im politischen Bereich nur noch relativ homogene Meinungen in Diskussionen mitbekommen kann. Dies wäre dann die Filter Bubble, wenn der Blick auf Meinungen, Diskussionen und Themen außerhalb der vom Algorithmus zugelassenen Nachrichten versperrt bleibt.  Das ist genau dann problematisch, wenn sich die User über diese Filter nicht bewusst sind, da so die künstlich erschaffene Filter-Bubble-Realität als wahr angenommen werden kann. Dass diese Filter-Bubble-Welt entsteht, hat Facebook offenbar bereits in einer Studie versucht zu widerlegen, was jedoch nicht gelungen ist.

Grundsätzlich sollte und kann man die Menschen natürlich nicht zwingen, sich nur mit Meinungen zu umgeben, die ihnen gefallen. Das ist ja nur zu normal. Allerdings sollten sie darüber selber entscheiden dürfen. Die Tatsache aber, dass Facebook offenbar Kontakte, Beziehungen und Informationen automatisch für mich bewertet, kann zugespitzt formuliert als Bevormundung bezeichnet werden.

Dabei soll nun nicht vergessen werden, dass diese Filter angesichts einer riesigen Datenflut durchaus nützlich sein können. Auch personalisierte Informationen können helfen, die passenden Hinweise zu Produkten oder Aktivitäten zu meinen Interessen und Bedürfnissen zu erhalten. Allerdings ist ein soziales Netzwerk wie Facebook vielmehr als eine reine Konsumplattform, sondern auch ein Diskussions- und Kommunikationsportal und immer mehr auch ein Informationskanal. Das macht das Phänomen der Filter Bubble überhaupt erst relevant.

Kritik aus der Perspektive des Marketing, der Seitenbetreiber und externer Entwickler

Aber nicht nur aus Sicht der User kann man Kritik an den Facebook-Filtern üben. Geschah dies vor allen Dingen innerhalb der Kritik an der Filter Bubble, so konzentriert sich die Kritik von Marketing-Leuten und Seitenbetreibern auf Facebook auf etwas anderes. Diese können nämlich auf der anderen Seite Opfer der Filter werden, in dem ihre Beiträge einfach ausgeblendet werden und sich die Facebook-Präsenz als weniger wirksam erweist als gedacht. Interessanterweise hat man bei Facebook über diese Kritik scheinbar ernsthaft nachgedacht, schließlich geht es ja um Geld. Vergangenen Sommer wurde jedenfalls darüber berichtet, dass Facebook darüber nachdenke, die Filterung der Newsfeeds zurück zu fahren beziehungsweise zu verändern. Was aus diesen Gedanken geworden ist, kann ich nicht sagen, allerdings wohl eher nicht viel, zumal die Herausforderung der Filter durchaus mit einem klugen Social Media Marketing gemeistert werden kann – auch wenn dies höhere Hürden gerade für Neueinsteiger bedeutet, worauf Moritz Adler in einem sehr guten Beitrag in der Werbewoche hinweist.

Wie Facebook filtert: Der EdgeRank-Algortihmus

Facebook verwendet verschiedene Filter. Wie ich anfangs erwähnt habe, können die hier nicht im Einzelnen dargestellt werden. Dennoch möchte ich zumindest kurz auf den EdgeRank eingehen. Dieser ist auch im Rahmen des Themas zur Filter Bubble der relevantere Algorithmus, da er darüber entscheidet was im News Feed angezeigt wird, wo hingegen zum Beispiel der GraphRank zur Bewertung von OpenGraph Applikationen eingesetzt wird.

Der EdgeRank ist dem PageRank von Google durchaus ähnlich. Allerdings wird jedem einzelnen Beitrag für jeden Nutzer ein individueller Wert zugerechnet, was schon zeigt, wie sehr hier also personalisiert wird. Dabei setzt sich der EdgeRank aus drei Komponenten zusammen, die ich hier einmal stark vereinfacht wiedergebe:

1. Affinität: Meint die Verbindung zwischen zwei Usern, also die Häufigkeit und vor allem die Regelmäßigkeit der Interaktion.

2. Gewichtung: Hiermit ist gemeint, wie wahrscheinlich die Weiterverbreitung der Meldung ist. Dabei werden Rich-Media-Inhalte in der Regel bevorzugt. So erhalten insbesondere Bilder, Videos oder Links eine höhere Punktzahl.

3. Verfallszeit: Ältere Beiträge erhalten niedrigere Punktzahlen als aktuelle.

Neben den automatischen Filtern wie dem EdgeRank-Algorithmus gibt es seit letztem Jahr auch noch manuelle Filter, die sogenannten Listen, in denen die User selbst ihre Kontakte einordnen und so die Informationen zumindest sortieren können. Ob dies aber ein wirklicher Schritt in Richtung mehr Selbstbestimmung für User ist, kann man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Es wird noch einiges Wasser den Rhein ‚runter fließen müssen, bis alle Seiten einigermaßen mit den Filtern zufrieden sein können – wenn das denn überhaupt möglich ist. Offenbar hat Facebook bereits versucht die Filter Bubble zu widerlegen, was jedoch misslungen ist.

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