Gerüchteküche: Was wird aus Google+?

Es gibt neue Entwicklungen im Google Kosmos, die das „soziale Netzwerk“ Google+ betreffen. Der Google interne Macher verlässt das Unternehmen und ein Großteil des Google+-Teams wird umgeschichtet. Daher gibt es nun Gerüchte, dass Google+ ganz eingestellt werden würde oder Google seine Bemühungen um das Netzwerk zumindest stark reduziert. Da wir Entwicklungen zu Google+ in unserem Blog bisher intensiv begleitet haben, muss ich natürlich auch darüber schreiben, denn es setzen sich einige bekannte Entwicklungen fort.

Was passiert bei Google+?

Kurz habe ich es schon angerissen. Die ganze Aufregung begann mit der sehr emotionalen Bekanntgabe Vic Gondrotas, dass er das Unternehmen Google verlassen wird. Die Gründe dafür sind weitgehend unbekannt, ob es nun freiwillig passiert oder nicht. Fest steht, dass damit eine Ära bei Google zu Ende geht, denn Vic Gondrotas war die Person hinter Google+. Er hat es quasi aus dem Nichts zu einem –  trotz allem – sehr großen sozialen Netzwerk gemacht, das auch einige Innovationen mit sich brachte. Mit dem Ausscheiden des Kopfes wurden dann auch größere Umschichtungen im Team bekannt. Das Google+-Team umfasste bisher insgesamt bis zu 1200 Angestellte, von denen viele sich aber nicht direkt mit Google+, sondern mit anderen Diensten wie Hangouts beschäftigen. Dieses Team soll nun angeblich dem Android-Team zugeschlagen werden, dem „Foto“-Team wird ähnliches nachgesagt. Die Infos kommen dabei fast ausschließlich aus einem Artikel auf TechCrunch, sind jedoch alles andere als verifiziert. Kurzum, es sind nur Gerüchte. Ebenso wie die Annahme, dass mit Dave Besbris schon ein Nachfolger gefunden sei. Stimmen die Meldungen über die Umwälzungen bei Google+, dann stellt sich in der Tat die Frage, was aus diesem Projekt wird, wie ernst Google es in Zukunft noch verfolgen wird.

Google+ als Zombie Produkt?

Folgt man den Informationen des TechCrunch Artikels, so ist Google+ kurz davor ein Zombie, ein lebender Toter zu werden. Denn das Netzwerk bleibt zwar erst einmal weiter bestehen, verliert jedoch Priorität im Unternehmen und wird des Großteils seines Teams beraubt, das sich nun auf andere Produkte konzentriert. Aber will man Google+ tatsächlich sterben lassen? Es gibt auch noch andere Varianten:

1. Google+-Profile werden wieder zu Google Accounts

Das ist eine Theorie, die Danny Sullivan in einem Artikel auf marketingland.com angedacht hat. Demnach würde Google+ als Name abgeschafft werden, aber die Accounts würden bestehen bleiben. Es ist in vielerlei Hinsicht praktisch nur einen Google-Account zu haben, mit dem man die verschiedenen Google Dienste nutzen kann. Damit würde dann aber auch der Zwang eines Google+-Accounts wegfallen um andere Dienste zu nutzen, was insbesondere bei YouTubern auf harte Kritik gestoßen ist. Prinzipiell würde sich also gar nicht so viel ändern, nur dass es eben nicht mehr Google+ heißt und dass die Verknüpfungen nicht mehr zwingend sind. Dann könnten einige Elemente von Google+ auch als eigene Dienste angeboten werden, was ein weiterer Schritt in Dannys Überlegungen ist. Hangouts, Fotos, Videos, etc. – all dies könnte auch als einzelner Dienst vermarktet werden, was bei Hangouts insofern auch schon der Fall ist, als dass es bereits eine unabhängige App ist.

2. Google+ wird als als Plattform weiterbestehen

Google+ ist ursprünglich als soziales Netzwerk gestartet, als Alternative zu Facebook und Twitter. Es besteht kein Zweifel daran, dass dieses Vorhaben gescheitert ist. Facebook ist größer und stärker als jemals zuvor. Zwar hat Google+ erstaunlich viele Nutzer, die Zahlen sind allerdings teilweise schöngerechnet (erzwungene Accounts von z.B. YouTube). In meinem alten Beitrag Was ist Google Plus? habe ich bereits erwähnt, dass das Netzwerk viel mehr ist als das soziale Netzwerk von Google und ein Facebook Herausforderer. Schon relativ schnell hat sich herauskristallisiert, dass Google ganz anderen Nutzen aus dem Projekt zieht. Einerseits zur Verifizierung von Personen, andererseits zur Verknüpfung der einzelnen Google-Accounts. Das Google Netzwerk das daraus entstanden ist hat die Qualität der Nutzerdaten bei Google mit Sicherheit stark erhöht und dem Werbenetzwerk entscheidende Vorteile verschafft. Aber auch für die Nutzer bringt die Plattform, oder wie ich es genannt habe, das Dashboard Google+ einige Vorteile mit sich. Z.B. durch die Zusammenführung der unterschiedlichen Dienste, denn es kann auch lästig sein, sich überall einzeln einloggen zu müssen. Ein weiterer wichtiger Punkt den auch Mark Traphagen in seinem umfangreichen Post anspricht, ist die Sache mit der privacy policy. Denn durch Google+ gibt es eine Vereinbarung für alle Dienste, was ein bisschen übersichtlicher ist. Außerdem macht es ein einzelner Google-Account deutlich einfacher, auf anderen Seiten LogIns via Google anzubieten.

Letztlich ist der Gewinn, den Google aus Google+ ziehen konnte und kann, deutlich größer als der Vorteil der User. Aber das habe ich bereits erwähnt. Insofern wäre es Unklug von Google, Google+ einzustampfen, auch wenn das Projekt als soziales Netzwerk schon lange gescheitert ist (jedenfalls in dem Maße, in dem es angesagt war). Denn trotz allem ist Google+ keine komplette Geisterstadt. Im Online Marketing und Tech oder in der Fotographie gibt es beispielsweise sehr aktive Communities.

Die Google+ Entwicklung: Eine typische Geschichte

Es war von Anfang an nicht so ganz klar, was genau Google mit diesem Netzwerk eigentlich bezweckte. Ein Facebook Konkurrent sollte es sein, gleichzeitig vielleicht „Social Signals“ liefern für bessere Suchergebnisse, denn mit den Signalen der anderen war das so eine Sache, spätestens nach dem die Kooperation mit Twitter 2011 geplatzt war. Google hat Facebook zwar (auch in Werbespots) zunächst frontal angegriffen, aber wie das bei Google nun einmal so ist, sind die Wege vorher nie genau klar und irgendwann entwickelte sich etwas Eigenes, das dann durchaus auch erfolgreich war. Vielleicht ist Google nun dabei, die Rolle von Google+ zu konsolidieren, auszusortieren was Ballast ist, umzuschichten wo es notwendig erscheint, und Möglichkeiten für neue Innovationen zu schaffen. Auf der sozialen Seite scheint Google dem Trend nachgehen zu wollen, dass der Bedarf nicht mehr in dem einen großen Netzwerk liegt, sondern in kleineren, spezialisierten sozialen Netzwerken, oder besser: Anwendungen.

Das Projekt Authorship

Eines der Projekte rund um Google+, das vor allem in der SEO Szene weltweit große Beachtung fand, war das Thema Authorship. Durch die Verknüpfung von Inhalten mit den Google+-Profilen der Autoren sollte mittelfristig so etwas wie ein neues Ranking Signal ein AuthorRank entstehen. Die Möglichkeit wurde zwar reichlich genutzt, aber offensichtlich war Google mit dem Ergebnis im Sinne eines AuthorRanks unzufrieden und hat das Projekt eingestellt. Die Möglichkeit zur Autorenverknüpfung gibt es freilich immer noch, was aus SEO Perspektive ja durchaus relevant ist, wenn wir an die CTR Optimierung durch die Autorenbilder denken.

Fazit: Totgesagte leben länger

Ich glaube nicht, dass Google sein „soziales Netzwerk“ einstampfen wird, denn dazu ist der Nutzen (für Google) einfach zu groß. Das Schicksal von Google Buzz und Wave dürfte sich also nicht genauso wiederholen. Dennoch ist es schon seit langem absehbar, dass die Marke Google+ immer mehr in den Hintergrund rückt und stattdessen die einzelnen Anwendungen stärker vermarktet werden, sodass Google+ als Plattform zurückbleibt. Ich bin ein Freund dieser Theorie. Die Ausrichtung geht ganz klar mehr Richtung mobile, was ein Grund dafür sein könnte, dass die Hoheit für Hangouts ans Android-Team wechselt, falls das denn stimmt. Ich bin jedenfalls sehr gespannt darauf, wie es weitergeht. Die relativ große mediale Diskussion über das Aus für Google+ hat mich etwas irritiert, denn das was gerade passiert ist nicht unbedingt etwas das vollkommen unerwartet kommt, finde ich zumindest. Also, Google+ ist nicht tot, oder wie Felix Beilharz es formuliert hat: So ein Blödsinn!

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7 Kommentare
08.05.2014

Wir sind ganz Ihrer Meinung. Google+ ist nicht tot und auch kein lebender Toter. Die Community kommt zwar nicht gegen Facebook an, halt allerdings sogar laut Statistiken mehr User als Twitter.

David Linden
08.05.2014

Hallo Redmarketing,
beim nächsten mal bitte mit Namen, wir wollen ja mit Menschen kommunizieren;-) Den Google+ Userstatistiken schenke ich keinen Glauben, weil nicht so ganz klar ist, was genau da erfasst wird bzw. welche Dienste miteingerechnet werden. Trotzdem freue ich mich, dass wir einer Meinung sind.

22.05.2014

Ich finde die Welt kann sehr gut ohne Google+ leben. Aber die Marktmacht von Google sorgt dafür, dass man sich als Unternehmen und als SEO auch mit diesem Thema auseinandersetzt. Ich kenne ich Deutschland niemand, der großer Fan von Google+ ist.
Dafür kenne ich viele Unternehmen und SEO´s, die sich mit Google+ beschäftigen um mit Google+, Twitter und Facebook die großen Player bei Social Media zu „bedienen“..

06.07.2014

Für mich ist das Ende von Google + nur noch eine Frage der Zeit. Nie in der breiten Öffentlichkeit angekommen, größtenteils bevölkert von SEOs und Onlinemarketern. Obwohl, vielleicht dadurch von nutzen für Google, da leichter zu überwachen ;-)