Kein Mensch braucht noch SEO, es gibt doch Social Media!
Vergangenen Montag ist etwas interessantes vorgekommen, was so nicht so oft passiert, jedenfalls nicht in meiner Wahrnehmung. Eine große, ja weltbekannte Zeitung hat über SEO berichtet. Bei der Zeitung handelt es sich um den britischen Guardian, auch wenn ich jetzt nicht unbedingt weiß, ob der betreffende Artikel nur online erschienen ist. Das, was in diesem Artikel berichtet wurde, war jedenfalls alles andere als positiv. Genau genommen war es sogar ein kleiner Angriff auf die Suchmaschinenoptimierung als Disziplin des Online Marketings. Der Titel des Artikels lautete reißerisch: „SEO is dead. Long live Social Media Optimisation.“
Ich werde jetzt nicht im Einzelnen auf die Inhalte des Guardian-Artikels eingehen, das hat Christian Kunz bereits mit einem sehr guten und ausführlichen Artikel getan.
SEO stirbt nicht
Dieses Thema wurde und wird ständig thematisiert, denn andauernd kommen Menschen die behaupten, dass SEO keiner mehr bräuchte. Dass der Guardian Reporter Tim Anderson jetzt ausgerechnet Social Media als Grund genannt hat, ist eher nervig, denn eigentlich liegt diese Diskussion ja schon weit hinter uns. Aber dazu komme ich später noch.
Neben neuen Trafficquellen, wie z.B. den Social Media, wurden auch regelmäßig die Google Updates als Grund für den baldigen SEO Tod genannt. Hintergrund dessen ist oft die jeweilige Vorstellung von dem, was SEO sein soll. Die Suchmaschinenoptimierung ist zwar generell eher unbekannt, dort wo man sie kennt hat sie jedoch immer noch zu oft einen eher schlechten Ruf. Das rührt vielfach noch aus früheren Zeiten, in denen sich SEO nicht für den User, sondern lediglich für die Suchmaschinencrawler interessiert hat, und mit allen möglichen eher technischen Tricksereien versucht wurde, eine Seite nach oben zu mogeln. Das war auch einmal so, lag aber lediglich daran, dass es möglich war. Die Suchmaschinen haben sich jedoch gewandelt, sind besser geworden, und so musste sich auch SEO wandeln. Das schlechte Image der Suchmaschinenoptimierung hat sich bis heute teilweise gehalten, sodass oft erst viel zu spät bemerkt wird, dass man sich um SEO für seine Website kümmern sollte.
Nach wie vor geht es aber darum, Websites so zu optimieren, dass Google und Co sie gut lesen können und merken, was wichtig ist. Dazu ist Spezialwissen erforderlich, und so lange es Suchmaschinen gibt, wird es auch SEO geben.
Suchmaschinen bleiben relevant
Ich sehe nicht, dass in naher Zukunft Suchmaschinen aussterben könnten. Anderson beispielsweise bezieht sich darauf, dass die Anzahl an Seiten die über Social Media Kanäle gefunden werden stark ansteigt, während Suchmaschinen hier Anteile verlieren. Das mag auch alles sein, aber es geht dabei eben um relative Zahlen, nicht um das Gesamtvolumen. Wenn der Kuchen größer wird, können Teile größer werden ohne dass andere schrumpfen müssen. Die Suchanfragen gehen jedenfalls nicht zurück, sondern haben erst kürzlich ein Allzeithoch erreicht.
Das Surfverhalten ist mehrdimensional
Soziale Netzwerke spielen eine immer größere Rolle im Internet. Sie haben, nachvollziehbarer Weise, auch einen Einfluss auf Kaufentscheidungen. Dennoch ist die Idee absurd, anzunehmen, dass eine Website nur ein einziges mal gefunden wird. Man steuert solche Seiten immer wieder an, ohne sich jedes Mal genau daran zu erinnern. Bisher jedenfalls ist es so, dass man in Facebook praktisch nichts wiederfinden kann. Wenn ich aber weiß worum es geht, dann kann ich es bei Google suchen. Suchmaschinen sind zum Suchen da, nicht so sehr zum Entdecken. Und wer sucht, der hat schon eine Vorstellung von dem, wonach er sucht. Außerdem kann man in einer Suchmaschine unmittelbar steuern, was angezeigt wird. Das geht mit Social Media nicht. Hier kommt man oft zufällig auf Themen, weil man was bei Freunden gesehen hat. Das ist natürlich hochgradig relevant, der User ist dabei aber weitestgehend passiv. Daher ist es unwahrscheinlich, dass Soziale Netzwerke die zielstrebige Suche irgendwann komplett ablösen können. Zudem erwarten wir von Suchmaschinen einigermaßen objektive Ergebnisse, während der Meinungsaustausch eher in sozialen Portalen stattfindet.
Suchmaschinen dienen der Recherche vor Käufen und sie können der Anschlussrecherche oder dem Wiederfinden von Webseiten dienen, auf die man in einem social network gestoßen ist. Da eine Kaufentscheidung ohnehin selten sofort getroffen wird, kommen die User mehrmals, über verschiedene Quellen und Kanäle. Und hier müssen auch Webseiten präsent sein, genau dort, wo sie gefunden werden können, auf allen Kanälen.
Nicht SMO statt SEO, sondern beides gleichzeitig
Online Marketing muss also die verschiedenen Kanäle kombinieren, über die User auf eine Seite kommen können. Das bedeutet, dass die verschiedenen Disziplinen immer mehr zusammenrücken. Im Übrigen hat auch Google die Bedeutung sozialer Netzwerke erkannt, sodass sie eventuell sogar schon einen Rankingfaktor ausmachen. Auch SEO darf sich heutzutage nicht mehr abschotten. Ganzheitlicher Ansatz heißt die Devise, die wir schon lange predigen. Social Media Optimierung ist zu einem Gewissen Grad auch SEO-relevant. Aber zu diesem Thema habe ich bereits einen ausführlichen Beitrag geschrieben. Und auch andersherum ist SEO für das Social Media Marketing relevant, denn wenn ich eine Firmenwebsite über Facebook finde, über Google aber nicht, dann fällt es mir deutlich schwerer, ihnen zu vertrauen.
Fazit
Leute wie Tim Anderson verkennen die Anpassungsfähigkeit von SEO und wissen im Grunde auch nicht wirklich, was es bedeutet. Es liegt in der menschlichen Natur, wenn etwas Neues kommt, das Alte abzuschreiben. Dabei können sich neue und „alte“ Dinge sehr gut ergänzen. So ist es auch beim Online Marketing, da die Verschiedenen Bereiche immer mehr Verknüpfungspunkte finden. Heute SEO zu betreiben, ohne sich wenigstens ein bisschen mit Social Media, Konversionen und Usability zu beschäftigen, ist aus meiner Sicht fahrlässig. Denn letztlich ist das Ziel immer die Steigerung des Gesamttraffics, und vor allem der Leads, und solange Suchmaschinen zu den wichtigsten Trafficquellen gehören, kommt SEO eine zentrale Bedeutung im Online Marketing Mix zu. Von zahlreichen neuen Bereichen, wie local SEO und mobile SEO, und demnächst eventuell Facebook SEO, ganz zu schweigen.
Ich finde es ärgerlich mich mit so einer Diskussion beschäftigen zu müssen, wo es gerade zu gelingen scheint das Bewusstsein für die Relevanz von SEO ein bisschen zu verbessern.
(Artikel erstmals 2013 veröffentlicht – Inhalt möglicherweise nicht mehr aktuell)
Ich mag solche Betrachtungsweisen ja immer gerade deswegen ganz gerne, weil die Betrachter wirklich nie über den eigenen Tellerrand hinausschauen. Sowohl in die eine, als auch in die andere Richtung.
Person A behauptet, B liegt falsch und Person B versucht A davon zu überzeugen, dass sich A irrt.
Woher kennen wir das nur? Womöglich aus sämtlichen Richtig-oder-Falsch-Debatten. Veganer, Vegetarier, Fleischesser, Gelegenheitsmeatisten. Übergreifen kann man auch festhalten, dass solche Menschen von SEO Abstand nehmen, die andere Vertriebskanäle kennen und diese einzusetzen wissen. Der SEO wird dem natürlich nicht zustimmen. Warum sollte er, er ist schließlich SEO. Drum wird für den Optimierer die Haltung des anderen kaum richtig verstehen können, schließlich verkennt derjenige das Potenzial dessen.
Auf ein direktes Beispiel bezogen: Ich habe bisher noch keinen Veranstaltungs- und Eventservice kennengelernt, der seine Dienste vorrangig über das Web angeboten hat. Sie haben meist alle eine Website. Nur würde jeder Onliner dort das Gruseln bekommen. Die Konsequenz dessen ist, dass den Service dauerhaft Vorschläge unterbreitet werden und jeder bessere Ideen hat, als sein Vordermann. Und doch ist der Veranstaltungstechniker besser beraten, wenn er auf solche Optimierungen verzichtet und auf Mundpropaganda, Sponsoring und Empfehlungen setzt. Das Internet liefert für viele Bereiche dann genau die Kunden, die durch die ständige Schnäppchenjagt im Web am wenigsten bezahlen und dafür das größte Paket haben wollen.
Ich kann also vollkommen nachvollziehen, dass SEO für viele immer einen faden Beigeschmack haben wird. Dann ist es auch nicht verwunderlich, wenn es für solche Menschen als „tot“ gilt. Und welcher SEO möchte bestätigt sehen, dass die Menschen mit seiner Disziplin nicht konform gehen. Es ist und bleibt – in meiner Wahrnehmung – eine Disziplin von Onlinern für Onliner.
Beste Grüße und ein schönes Wochenende!
Patrick