Recap zur Online Marketing Konferenz in Bielefeld OMKB 2019
Ein Jahr ist schon wieder rum, weshalb ich mich am letzten Freitag, den 5. April, erneut auf den Weg zur vierten Online Marketing Konferenz in Bielefeld machte. Um 7:15 Uhr ging es für mich und meinem Kaffee mit dem ICE nach Bielefeld. Offizieller Start der ganztägigen Konferenz war um 8:30 Uhr, aber natürlich kam ich trotz der frühesten Verbindung aus Köln mit einer halbstündigen Verspätung in der Stadthalle an. Darum habe ich die Keynote von Philipp Klöckner und die ersten Vorträge von 9:00-9:45 Uhr leider verpasst. Wie im letzten Jahr fanden jeweils parallel vier Vorträge bis 16:30 Uhr statt. Diese wurden in den Räumen K3, K8, im großen und kleinen Saal abgehalten. Mit einem zweiten Kaffee in der Hand ging es für mich um zehn Uhr mit dem ersten Vortrag los.
Reicht die maschinelle Übersetzung für internationale Webseiten?
Der erste Vortrag wurde von meiner Kollegin Gianna Brachetti-Truskawa, unserer Senior International SEO Managerin bei bold ventures, gehalten.
Vor ihrer eigentlichen Präsentation nutzte Gianna den Moment, um auf ein sensibles Thema zu sprechen zu kommen. Sie kritisierte die Darstellung von Gewaltsituationen bei Präsentationen als Aufmerksamkeitsgarant und appellierte an alle Besucher, die so eine Situation auf Konferenzen erleben, dies aktiv anzusprechen und nicht zu ignorieren. Ein Grund hierfür ist u.a., dass nach wie vor weniger Frauen als Männer als Speaker auftreten und Visualisierungen, auf denen Frauen (oder auch Männer) Gewalt erfahren, nicht zu einer angenehmen Atmosphäre beitragen.
Nach ihrem Appell begann sie mit ihrem Vortrag “AI vs. Human Translation: Bedeutung in der Web-Lokalisierung und Suche”. Hier stieg sie mit vielen Fragen an die Zuhörer in den Vortrag ein, wie “Wie viel sollte ein Übersetzer pro Wort oder pro Produktbeschreibung bekommen?” und “Sollten Übersetzer überhaupt pro Wort, pro Satzabschnitt oder pro Seite bezahlt werden?”
Hier gilt es zunächst, die Fragen zu beantworten, was eine gute Übersetzung ausmacht bzw. was Kunden von einem Übersetzer erwarten. Logisch – sie wollen den Text in eine andere Sprache übersetzt bekommen. Er sollte gut klingen und sich natürlich anhören. Zusätzlich soll der Text noch seinen Sinn erfüllen: Den User informieren und sich auf das Ranking positiv auswirken. Um diese Anforderungen zu erfüllen, ist eine Keyword-Recherche mit dem jeweiligen Land-Bezug und eine Recherche über die kulturelle Gepflogenheiten hilfreich. Je nach Land ist den potenziellen Kunden oder Usern der Preis oder die Produktspezifikationen wichtiger, weshalb hier gänzlich neue Inhalte geschaffen werden müssten. Und dies ist den wenigsten Auftraggebern bewusst, wenn sie “nur” eine Übersetzung verlangen.
Ein weiteres Beispiel ist die Ansprache der Webseitenbesucher: In Spanien ist es beispielsweise üblich, diese zu duzen, in Deutschland vermeidet man meist die direkte Ansprache – und je nach Kontext wird abhängig vom Land oder Fachgebiet auch gesiezt. Diese kulturellen Unterschiede werden bei maschinellen Übersetzungen nicht berücksichtigt, da sie nur Muttersprachlern oder versierten Übersetzern auffallen. Und wer denkt, dass Übersetzungsprobleme nur bei weniger vertrauten Sprachen auftreten, der täuscht sich. Auch bei Sprachen, bei denen jeder Laie denken würde, dass es keinerlei Unterschiede gibt, wie etwa beim britischen und amerikanischen Englisch, kann es zu unfreiwilligen Missverständnissen kommen: “Nice pants ;)”
Amerikaner verstehen: Nette Hosen ;)
Und die Briten verstehen: Nette Unterhose ;) eeeehm… (Hosen werden im britischen Englisch mit “trousers” übersetzt)
Ein gutes Beispiel für eine klassische Fehlübersetzung, welches die Schwierigkeiten schon in derselben Sprachfamilie aufzeigt. Dass Übersetzungstools a la DeepL oder Google Translator nicht immer die exakte Satzbedeutung in eine andere Sprache transferieren können, wird auch bei dem folgenden Beispielen klar.
Giannas Vortrag hat wohl allen Zuhörern verdeutlicht, dass es beim Übersetzen nicht nur um das Übersetzen der Wörter oder Phrasen geht, sondern der Hauptbestandteil darin besteht, dass die Bedeutung und der kulturelle Kontext bei der Übersetzung nicht verloren gehen darf. Dies ist bei maschinellen Übersetzungen sehr häufig nicht gegeben. Hat man gerade einen Muttersprachler zur Hand, wäre es optimal. Eine gute und erschwinglichere Alternative ist die Kombination aus maschineller Übersetzung plus einer Qualitätskontrolle von einem versierten Übersetzer und einem SEO. Für die wichtigsten Seiten empfiehlt sich eine zusätzliche Keyword-Recherche. Die komplette Präsentation findet ihr auf Slideshare!
Wie man die DSGVO beim Tracking beachtet
Nach einer kurzen Pause ging es zum Workshop “Google Analytics datenschutzkonform im Einsatz” von Manuel Schnaible, Senior Manager bei l’tur. Für Analytics-Fans wie meinereins war der 45 minütige Vortrag auf der OMKB der informativste, jedoch werde ich hier nur auf einen sehr kleinen Teil seiner Präsentation eingehen, da diese sehr umfangreich war. Interessiert man sich für das Thema oder ist in seinem Unternehmen für den Datenschutz mitverantwortlich, sollte man sich hiermit sehr genau befassen. Die Folien zum Vortrag als PDF findet ihr unter: https://www.omkb.de/omkb19/ManuelSchnaible.pdf
Wie der Titel des Vortrags schon verrät, ging es um die rechtskonforme Verwendung von Google Analytics (GA) und, falls GA über den Google Tag Manager (GTM) eingebunden ist, von GTM. Hierzu zählen u.a. die folgenden Punkte:
- Der Vertrag zur Auftragsdatenverarbeitung (ADV) muss mit Google geschlossen werden (§ 11 BDSG – Vertrag)
- Das Recht auf Widerspruch für die User der Webseite muss eingeräumt werden
- Die Datenschutzerklärung muss bei Verwendung von GA und GTM angepasst werden
- Daten, die vorab gesammelt wurden und nicht datenschutzkonform sind, müssen gelöscht werden
- Und der wichtigste Punkt: Die Anonymisierung der IP-Adressen muss erfolgen
Eine sehr bekannte Methode und einfach Pflicht ist die Anonymisierung der IP-Adresse. Mit anonymizeIp werden eingehende IP-Adressen vor Speicherung gekürzt, sodass diese nicht auf einen User zurückzuführen sind. Eine Lokalisierung des Traffics ist dennoch möglich. Hierzu einfach bei GTM in die GA-Variable unter festzulegende Felder den Feldnamen anonymizeIp eingeben und den Wert auf true setzen.
Über die Chrome Developer Tools kann man zudem überprüfen, ob die IP-Adresse auch anonymisiert wird.
- Developer Console öffnen (mit F12 oder Rechtsklick → Untersuchen)
- Auf den Tab “Network” in der obersten Leiste klicken
- Seite refreshen (F5)
- Im Suchfeld nach “collect” suchen
- Request URL überprüfen, ob darin https://www.google-analytics.com/collect?…&aip=1&… vorkommt. Steht dort aip=0, wird die IP-Adresse nicht anonymisiert
Die aktuelle Auftragsdatenverarbeitung wird bei der Erstellung eines neuen GA-Kontos mit abgeschlossen. Dem ADV-Zusatz muss je Google-Tool und dort je Account zugestimmt werden. Um zu prüfen, ob Ihr der ADV zugestimmt habt, einfach in GA auf Verwaltung klicken → Kontoeinstellungen → Punkt: Zusatz zur Datenverarbeitung. Ist eure Zustimmung aktuell, ist hier das Datum Eurer Zustimmung grün hinterlegt. Andernfalls könnt ihr dort der ADV nachträglich zustimmen oder die Zustimmung aktualisieren.
Manuel ging noch auf viele kleinere, aber nicht weniger interessante Punkte ein, wie auf die Implementierungsmöglichkeit von “Do not track” (Anleitung von Analyticts mania zu DNT) oder das Opt-Out-Browser Add-on.
Make stuff people want – der perfekte Relaunch
In Runde drei gab der Gründer und Geschäftsführer Christian Tembrink von netspirits viele hilfreiche Tipps, mit denen ein Relaunch für Nutzer und Google rund läuft. Das oberste Ziel hierbei sei es, den Nutzer ins Zentrum der neuen Webseite zu stellen und das gesamte Konzept, die Planung und die Strategie um den Nutzer herum zu bauen. Bei jedem Relaunch gilt es, sich mit der neuen Webseite von der Konkurrenz abzuheben und dem User ein einzigartiges Erlebnis zu bieten.
VOR einem Relaunch sollten die neuen Ziele klar definiert und dem gesamten Team bekannt sein. Die KPIs sollten feststehen und die bisherige Performance der aktuellen Webseite dokumentiert sein, um den Erfolg oder Miserfolg des Relaunchs messen zu können. Christian betonte, dass jeder Relaunch als Chance gesehen werden sollte, seine Wettbewerber zu überholen: Sei es bezüglich Design, Content-Angebot, Zielgruppenansprache oder Benutzerfreundlichkeit. Darum sei es umso wichtiger, den roten Faden im Strategie-Prozess nicht zu verlieren.
Schon bei der Entwicklung der Ziele ist es nur von Vorteil, wenn man seine Konkurrenten bewertet, um herauszufinden, wie man diese mit der neuen Webseite übertrumpfen kann. Hierzu können die Wettbewerber nach verschiedenen Kriterien bewertet werden, beispielsweise nach der Auffindbarkeit der Seite, der Seiten-Perfomance, der Usability oder auch nach der Attraktivität, sprich danach, wie visuell ansprechend die Webseiten sind.
Anhand eines unterhaltsamen Beispiels machte Christian zudem deutlich, wo Zielgruppen ihre Schwachstellen haben, weshalb er die Erstellung von Personas bevorzugt. Anhand dieser können sogenannte personalisierte Website-Funnel geplant werden, die die voraussichtliche Customer Journey der Personas visualisieren.
Im letzten Teil ging er auf seine Herangehensweise bei einem Content-Audit ein, mit dem bestehende Inhalte in drei Cluster unterteilt und Maßnahmen abgeleitet werden können. Ziel ist es hierbei, die Inhalte seiner Webseite nach zahlreichen Kriterien, wie dem bisherigen Ranking der Traffic, zu bewerten, um diese entweder so beizubehalten, zu bearbeiten oder zu löschen.
Nach dem gesamten Prozess, der einzig der Relaunch-Strategiefindung dient, kommen noch die IT- und SEO-Anforderungen hinzu und und und. Kurzum – Christian hat dank seines rasanten Sprachtempos in 45 Minuten gezeigt, wie aufwendig ein Relaunch wirklich ist. Und wie sehr es sich jedoch auf der anderen Seite lohnt, diese Zeit zu investieren, um ein einzigartiges AHA-Erlebnis beim User zu erzeugen. Wer mehr zum Vortrag erfahren möchte, dem lege ich seine OMKB-Folien ans Herz, auf denen noch viele nützliche und wichtige Tipps und Herangehensweisen erklärt sind.
Kurz vor eins läutete die Mittagsglocke und der große Ansturm am Buffet ging los. Und hier ein wirklich großes Lob ans Catering – die Auswahl war top und geschmacklich einfach lecker! Mit vollem Bauch ging es dann zu meinem vierten und letzten Vortrag auf der OMKB.
Upps… Wenn ein Relaunch komplett schief geht
Nachdem ich bei netspirits gelernt hatte, wie ein Relaunch im Optimalfall verläuft, thematisierte Daniel Schramm, Head of SEO bei RedaktionsNetzwerk Deutschland, was zu tun ist, wenn der Relaunch komplett schief gelaufen ist.
Hierzu ist er zunächst darauf eingegangen, ab wann es sich um einen Relaunch handelt, da hier nicht immer ein Domainumzug gemeint sein muss. Sei es ein Protokollwechsel von http auf https, ein Wechsel vom CMS, Änderungen der Webseiten-Architektur/-Struktur, Design-Veränderungen oder die Entfernung/Neuerstellung von Seiten – bei allen tieferen Änderungen handelt es sich um einen Relaunch. Und diese können kreuz und quer miteinander kombiniert werden.
Doch im Agentur-Alltag trifft man früher oder später auf Kunden, die die Auswirkungen von solchen Änderungen nicht bedacht haben. Die meisten kennen die Art Kunden, der es für eine gaaaanz tolle Idee häl,t die Webseite von vorne bis hinten und nochmal quer umzukrempeln und keinem SEO Bescheid zu geben ;) Mit lustigen Geschichten aus seinem Agentur-Arbeitsalltag hat Daniel viele Beispiele gebracht, wie man bei einem Relaunch, der schief gegangen ist, alles wieder ans Laufen bringt. Perfekter Abschluss!
Mein Fazit zu der OMKB 2019
Die diesjährige OMKB hat die vom letzten Jahr nochmal übertroffen. Alle vier Vorträge, die ich besuchen durfte, waren durchweg lehrreich und wurden unterhaltsam vorgetragen. Vor allem die zwei Vorträge zum Thema Relaunch haben sich perfekt ergänzt und wurden sehr unterhaltsam von den beiden Speakern vorgetragen. Ich freue mich jetzt schon auf nächstes Jahr. Wir sehen uns 2020 sicherlich wieder!
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