Google Currents – Eine neue Traffic-Quelle?
Wie ich in den letzten Top 10 der Woche schon erwähnt habe, hat Google kürzlich ein Produkt namens Google Currents auf den deutschen Markt heraus gebracht. Bemerkenswert daran fand ich, dass dieses Thema offenbar an der gesamten SEO-Szene einfach vorbeigegangen ist. Normalerweise stürzt man sich ja besonders als SEO auf jede kleine Neuerung. Dies ist in diesem Fall nicht geschehen – und das obwohl hier eine neue Art von Traffic-Quelle geschaffen wurde, die sich jeder Webmaster zunutze machen kann. Doch fangen wir vorne an:
Was ist Google Currents?
Zunächst ist Google Currents eine Mobile App, verfügbar für iPhone und iPad sowie Android Telefone und Tablets mit der man Online-Publikationen offline lesen kann. Wem das jetzt wie David zu sehr nach Feedreader klingt, den muss ich leider enttäuschen. Currents ist weit mehr als das. Natürlich kann man es als Feedreader verwenden. Z.B. indem man einfach seine Lieblings-RSS oder Atom Feeds hinzufügt. Currents synchronisiert die Feeds dann regelmäßig, so dass man die Möglichkeit erhält diese auch offline zu konsumieren. Für Nutzer ohne Flatrate oder sehr mobile Leute, die sich ständig mit der mangelnden Netzqualität auf deutschen ICE-Strecken rumärgern, eine ungemein praktische Sache.
Was mir besonders gefällt ist die Aufmachung im Stil einer Zeitschrift. Das Lesen ist sehr angenehm, wenn man eine sauber strukturierte Seite hat. Ohne Veränderung sieht die Einbindung eines einfachen RSS-Feeds bei Currents etwa so aus:
Artikel die Bilder enthalten werden in der Regel etwas größer dargestellt. Das ist, wie der Screenshot zeigt, nicht unbedingt von Vorteil, weil der Zuschnitt nicht immer optimal erscheint. Daher an dieser Stelle schon der erste Tipp für Publikationen die Currents-optimiert sind: Google liebt quadratische Bilder.
Schön aufbereitet ist beispielsweise der Home-Screen der Applikation, wie im folgenden Screenshot vom meinem iPad zu sehen ist:
Hier sieht man das, was Google als Editionen bezeichnet, hübsch übersichtlich angeordnet. Eine Edition entspricht in etwa dem eingebundenen Feed. Damit ist es zwar nicht getan, aber dazu komme ich im nächsten Abschnitt.
Eine Webseite ist nicht erforderlich, um auf Google Currents zu veröffentlichen!
Das halte ich für einen besonders spannenden Aspekt von Currents. Wie ich oben schon erwähnt habe, ist es eben nicht nur ein Feedreader. Currents ermöglicht es publizistisch tätig zu werden, ohne überhaupt eine Website zu besitzen. Google liefert das gesamte Publishing System direkt mit. Das System ermöglicht es eine beliebige Anzahl sogenannter Editionen zu veröffentlichen. Hier können wir uns dem Begriff der Edition ein bisschen besser annähern: Eine Edition entspricht einer Publikation, die Du individuell zusammenstellen kannst (aus verschiedenen Feeds oder Inhalten, die sich direkt in Google Currents erfassen). Es wäre beispielsweise denkbar sich eigene Editionen zu bauen, welche die Inhalte interessanter Websites kombinieren. Der Standardfall dürfte allerdings sein, dass einfach bestehende Inhalte in diesen neuen Kanal geschoben werden. Im Idealfall natürlich gepaart mit ein paar Specials, die dem Medium Rechnung tragen.
Wie kann ich meine Inhalte bei Google Currents verfügbar machen?
Hier sind zwei Gesichtspunkten spannend:
- Es ist super simpel
- Google pusht hier massiv eigene Dienste
Möchte man nur einen Blog online erstellen, ist dafür fast nichts erforderlich. Google findet die meisten Feeds ohne fremde Hilfe. Allerdings finde ich das nicht sonderlich gelungen, denn die Feed-Suche liefert auch eine Menge unpassender Ergebnisse.
Schritt eins besteht darin sich Google Chrome herunterzuladen. Außer Du hast kein Google-Konto. Als jemand der sich mit Suchmaschinenoptimierung befasst, hast Du bestimmt eins, oder? ;-)
Häh? – Ich soll mir allen Ernstes einen Browser installieren, um das einrichten zu können?
Die Antwort lautet „ja“. Tröstlich an der Geschichte ist allerdings, das Chrome meiner Ansicht nach der derzeit mit Abstand beste und schnellste aller Browser ist. Da ich ihn ohnehin aus vorgenannten Gründen verwende, stellte dies kein besonderes Hindernis dar.
Um mit dem Veröffentlichen beginnen zu können, melde Dich einfach mit Ihrem Google-Account unter myaccount.google.com an.
Google fragt dann wie die erste Edition heißen soll. Du definierst ein Cover-Bild (das sind die kleinen im rechten Teil des Homescreens oben), sowie ein Promotional Image (das ist das Große im linken Teil des gleichen Bildes). Da steht zwar was von 650 x 650, was aber anders gemeint ist als man üblicherweise verstehen würde. Ich habe für unser Promotional-Image zwar ein Bild dieser Maße verwendet, allerdings ist das Bonbon darauf zentriert und nur 280 Pixel breit. Dies stellt sicher, dass die Seite sowohl bei horizontaler, als auch vertikaler Ausrichtung auf den meisten Geräten gut aussieht.
Interessant ist auch die Möglichkeit die Nutzer der eigenen Edition mit Analytics zu tracken. Dazu gleich mehr.
Neben den Edition Settings finden sich noch folgende Menüpunkte:
- Sections zum Verwalten unterschiedlicher Bereiche Ihrer Publikation
- Manage Articles zur Verwaltung der Artikel
- Media Library zur Verwaltung multimedialer Inhalte (Videos, etc.)
- Grant Access zur Verwaltung von Berechtigungen (übrigens gut gelungen)
- Distribute zur Bestätigung, dass es sich bei der Veröffentlichung um eigene Inhalte handelt und für Ländereinstellungen, etc.
- Publish zum publizieren
Sections
Einer der mächtigsten Menüpunkte überhaupt. Hier erstellst und verwaltest Du die „Kapitel“ Ihrer Publikation. Ein Kapitel ist an dieser Stelle gleichzusetzen mit: Content-Quelle. Hier kann man Inhalte aus allen möglichen Feeds in seine Publikation einfügen. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass Google+ als Quelle dabei ist. Twitter und Facebook aber nicht. Überhaupt scheint Google mit Currents seine eigenen Dienste ein wenig in den Vordergrund zu drängen. Das fängt beim Browserzwang an und zieht sich bis zu den Content-Quellen. Wie man Facebook und Twitter dennoch einbindet, werde ich in einem separaten Artikel beleuchten. Allerdings sei hier angemerkt, dass es in den meisten Fällen gar keinen Sinn macht diese Quellen „anzuzapfen“. Der Großteil der Nutzer im geschäftlichen Umfeld neigt nämlich dazu, die unterschiedlichen Publikationskanäle mit den immer gleichen Inhalten vollzustopfen. Insofern würde man hier nur für eine unnötige Selbstreferenz in der eigenen Publikation sorgen …
Als Quellen verfügbar sind:
- Feeds
- Artikel – sehr interessantes Feature, diese lassen sich nämlich auch aus Google Docs importieren. HTML-Code ist ebenfalls möglich
- Photos z.B. von Flickr
- Videos (aber nur von Youtube)
- Social Updates von Google Plus oder aus RSS-Feeds
- Inhaltsverzeichnis (dieser Punkt hat eine besondere Bedeutung)
- EPUB – für kommerzielle oder anderweitig professionalisierte Publisher sicher interessant
Die meisten Punkte sind nicht sonderlich erklärungsbedürftig. Seinen eigenen Blog bekommt man mit dem „Feeds“-Feature eingebunden (sofern man seine RSS-URL kennt). Im Normalfall ist diese www.meinblog.de/feed
Das Inhaltsverzeichnis, in diesem Fall als „Table of Contents“ bezeichnet, ist deshalb so besonders, weil es dazu dient den anderen Kapiteln (hier Sections) ein gemeinsames Inhaltsverzeichnis zu geben. Auf diese Weise kann man als größerer Publisher beispielsweise mehrere Publikationen mischen, wie Blogwerk das mit Netzwertig und dessen Schwesterblogs macht. Am Rande sei erwähnt, dass Blogwerk bereits als vorinstallierte Publikation dabei ist. Die machen das übrigens richtig gut, weshalb sich ein Blick darauf lohnt, wenn man mal schauen möchte was man mit Google Currents alles so anstellen kann.
Manage Articles
Der Menüpunkt dient, wie der Name schon verrät, der Verwaltung der Artikel. Hier kann pro Section festgelegt werden, welche Beiträge aus den Feeds überhaupt angezeigt werden sollen. Das eigene Feed kann hier also nachbearbeitet werden. Interessant ist, dass nicht nur Beiträge entfernt werden können. Du hast hier die Möglichkeit komplett neue Beiträge einzufügen! Darüber hinaus können bestehende Beiträge um etwas ergänzt werden, das Google als „Media“ bezeichnet. Darunter versteht Google Currents Fotos (Upload), Videos (wieder nur Youtube), Slideshows (mehrere aufeinanderfolgende Fotos), Orte (Google Maps), HTML-Code oder URLs. Currents bietet uns also hier die Möglichkeit bestehende Inhalte nachträglich multimedial anzureichern. Wenn Du diesen Beitrag hier mit Hilfe von Google Currents öffnest, finden Du zusätzliche Dinge, die in der Blog-Version nicht zu finden sind. Dieses Video hier, das Du auch im Blog sehen kannst, sieht innerhalb von Google Currents auch sehr hübsch aus.
Für noch ein bisschen mehr Abwechslung findest Du bei Betrachtung dieses Artikel innerhalb von Currents ein Video, das nichts mit dem Thema zu tun hat, mich aber auf verstörende Weise immer wieder zum Lachen bringt. Ich wollte noch ein Slideshow und eine Map integrieren. Dies scheint aber derzeit nicht richtig zu funktionieren. Die Map wird jedenfalls auf meinem iPad nicht angezeigt und das Hinzufügen der Slides hat in der Verwaltung nicht funktioniert.
Media Library
An dieser Stelle können Bilder hochgeladen werden, die in eigenen Templates wiederverwendet werden können. Das ist deshalb so spannend, weil Currents es neben der vorhandenen Funktionen ebenfalls ermöglicht für Seiten, Inhaltsverzeichnisse und für Übersichtselemente eigene Templates zu erstellen. Das bedeutet: Hier besteht die Möglichkeit, das Aussehen der Seite fast nach Belieben zu individualisieren.
Grant Access
Hier kann für jede Section festgelegt werden, wer was damit anstellen kann. Gemeint sind Verwaltungs- und Veröffentlichungsmöglichkeiten. Wenn Du im Team arbeitest, was in Online-Publikationen durchaus häufiger vorkommt, kannst Du hier festlegen, wer was an Eurer Edition ändern kann.
Distribute
Der Punkt enthält weitere Einstellungsoptionen. Zum Beispiel kannst Du hier einstellen, in welchem Land die Publikation verfügbar sein soll. Optional können Eure Inhalte hier automatisch übersetzt werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt würde ich davon eher abraten, obwohl die Übersetzungsergebnisse von Google jenseits von Translate in letzter Zeit deutlich besser geworden sind.
Publish
Über diesen Punkt kann die Publikation veröffentlicht werden.
Wie können die Trafficdaten analysiert werden?
Ich hatte weiter oben erwähnt, dass es möglich ist Analytics in Currents zu integrieren. Alles was dafür getan werden muss, ist die Eingabe des Analytics-Codes auf der Edition Setting Seite. Daraufhin werden die Daten aus Currents automatisch in Analytics mit erfasst. Im Bereich Content von Google Analytics erscheinen die Zugriffe auf diese Inhalte als Pfad Eurer Website, der mit /currents beginnt. Google hat dies hier zusammengefasst.
Fazit
Google hat hier ein außergewöhnlich gutes Publishing-Instrument geschaffen. Wer die Ressourcen dazu hat, sollte einsteigen. Wer ohnehin schon mit der Pflege seines Blogs überfordert ist, kann es auch bleiben lassen. Für all jene, die die Zeit und das Geld haben einen weiteren Kanal adäquat zu pflegen, wird dies vermutlich eine richtig gute Quelle für zusätzlichen Traffic werden.
Google hat mal wieder gezeigt, dass man es in Mountain View immer wieder schafft, Dienste mit richtig viel Potential zu entwickeln. Für Google wird Currents in vielerlei Hinsicht eine interessante Geschichte:
- Man tritt hier direkt in Konkurrenz zu Amazon, das noch keine vernünftige Publishing-Plattform für seinen Kindle hat
- Irgendwann kommt bestimmt wieder AdSense oder Ähnliches ins Spiel. Google sagt dazu „Right now publishers should not embed ads within their content. We will soon be incorporating advertising opportunities that are customized for the Google Currents platform. They will be effortlessly functional and visually integrated with publishers‘ rich online content. We’ll have more information to share soon — please check back here for additional information.“
- Ich gehe stark davon aus, dass es zukünftig auch möglich sein wird kostenpflichtige Editionen anzubieten. Google würde damit auf einen Schlag den gesamten Low-Level Publishingmarkt („kauf mein tolles e-book mit dem mega Webgeheimnis für 5 Euro“) für sich erobern
- Wo Geld zu holen ist, sind professionelle Publisher nicht weit entfernt
- Gleichzeitig wird durch Currents das exponentielle Wachstum der Apps in Apples App Store wahrscheinlich verlangsamt, weil viele Apps eigentlich nur die Inhalte von Websites ziehen. Dies kann man sich als Publisher zukünftig ersparen. Es ist einfach nicht mehr erforderlich, für X-Tausend Euro eine eigene App zu bauen.
Ich für meinen Teil bin sehr gespannt, wie sich dieses Thema weiterentwickelt. Strategisch hat es für Google eine sehr große Bedeutung. Wenn jetzt noch ein paar kleine Bugs gefixt werden, könnte das eine richtig große Nummer werden.
Ein wichtiger Hinweis noch: Das Publizieren in Currents führt nicht automatisch dazu, dass man innerhalb der Suche von Currents gefunden wird. Das ist etwas ärgerlich, aber Google setzt die Sichtbarkeitsschwelle hier etwas höher als üblich. Um in der Currents-Suche gefunden zu werden, musst Du 200 Leser gewinnen.